Konzerntarifvertrag als Bremse in der Gehaltsentwicklung
Ausbremsung tariflicher Entwicklung durch Konzernklammer
Vor 1990 waren wir alle beschäftigte eines Unternehmen. Wir standen alle im Dienste Menschen von A nach B in einem Flugzeug unserer Airline zu transportieren. Ob als Pilot, als Kabinenpersonal, am Boden in der Technik, oder als Landschaftsgärtner, der vor unserer Kantine den Rasen gepflegt hat. Wir alle waren eine große Familie in ein und der selben Firma mit ein und dem selben Geschäftszweck. Somit waren wir selbstverständlich alle Dienstleister. Die zu diesem Betrieb zugehörige Gewerkschaft war somit in logischer Konsequenz die ÖTV oder die sich später daraus ergebene Dienstleistungsgeweckschaft.
Die Geschäftsleitung hat 1990 den Technikbereich aus der AG in eine eigenständige Aktiengesellschaft überführt. Grund hierfür war sicher die damit verbundene verbesserte Aufstellung im Markt. Ein wesentlicher Grund war sicher aber auch, das Technikpersonal durch Druck auf die Tarife konkurrenzfähiger zu halten. Der Geschäftszeck hat sich für alle Technik-Beschäftigten über Nacht verändert. Nun waren wir nicht mehr Dienstleister, die einzig und allein im Dienste Standen unsere Kunden von A nach B mit einem Flugzeug zu befördern. Ab sofort waren wir ein Unternehmen der Metallindustrie, welches sich im internationalen, globalisierten Wettbewerb mit anderen MRO Betrieben messen lassen muss. Unsere Kunden waren nun Fluggesellschaften, für die wir industrielle Leistungen erbringen. Ein Kunde von vielen, war dabei unsere Muttergesellschaft. Das Geschäft auf dem "externen" Markt wurde immer weiter Ausgebaut, sodass unser neues Unternehmen zum Weltmarktführer für MRO Leistungen geworden ist. Sicherlich sind wir unserem Mutterkonzern weiterhin eng verbunden. Nicht nur, weil er unser größter Kunde ist. Mit der Abspaltung des Technikbereiches in eine eigenständige AG und einem eigenen Geschäftszweck wurde die zuständige Gewerkschaft beibehalten.
Der Nachteil der Konzernklammer
Mit der Aufrechterhaltung der "Konzernklammer" also dem Führen von Tarifverhandlungen für das Bodenpersonal über alle Konzerngesellschaften hinweg hat sich die Gewerkschaft mehr Durchsetzungskraft versprochen. Dies klingt auf dem ersten Blick auch völlig plausibel. Es ist selbstverständlich erfolgsversprechender, wenn im Falle eines Streiks sowohl die Mitarbeiter der Cargo, der LSG, der Technik und der Kabine und des Cockpits gemeinsam auf die Straße gehen. Die Auswirkungen sind von der Einen auf die Andere Sekunde spührbar. Sofort bleiben hunderte Flugzeuge am Boden. Tausende Fluggäste könnten nicht befördert werden. Der Schaden für das Unternehmen tritt sofort ein und dies in einer Höhe, die zum Einlenken bewegen soll.
Die Realität sieht jedoch anders aus. Die Kollegen des Cockpits fühlten sich von den Tarifergebnissen der Gewerkschaft nicht ausreichend berücksichtigt und verabschiedeten sich durch Gründung der Vereinigung Cockpit von der Konzernklammer. Die Kollegen der Kabine ebenfalls, durch Beitritt in die neugegründete Spartengewerkschaft UFO. Die Unterschiede der einzelnen Konzerngesellschaften wie LSG, Cargo und Technik machen es zunehmend schwerer ein einheitliches Tarifergebnis zu erzielen. Die Unterschiede in den Branchen zwischen Catering (LSG), Speditionsgewerbe (Cargo), und Technikleistungen (industrielles Handwerk) waren zu groß um einheitliche Vergütungstarifergebnisse zu erreichen. So mussten die einzelnen Konzerngesellschaften in der Frage eine prozentulen Lohnsteigerung unterschiedlich berücksichtigt werden. Normalerweise wären nun auch unterschiedliche Vergütungstarifverträge die logische Konsequenz daraus gewesen.
Tarifergebnisse als kleinster gemeinsammer Nenner zwischen den Konzerngesellschaften.
Um aber die Geschlossenheit und Solidarität unter den Kollegen nicht zu verlieren und nach Außen zu demonstrieren wurde sich stets auf einen einheitlichen prozentualen Steigerungswert geeinigt, wobei für einzelne Konzerngesellschaften Ausnahmen vereinbart wurden. Es war kein Geheimnis, dass die Kolleginnen und Kollegen der LSG in den Tarifverhandlungen gebeten haben die Abschlüsse "moderat" ausfallen zu lassen, um nicht ihre eigenen Arbeitsplätze zu gefährden. Denn längst hatte der Arbeitgeber mit Schließungen und Verlagerung von Standorten gedroht.
branchenübergreifende Tarifabschlüsse als "Bremse" in der Lohnentwicklung
Während die Kollegen der Technik an der guten wirtschaftlichen Lage Ihres Unternehmens partizipieren wollten, mahnten die Kolleginnen und Kollegen der Cargo und der LSG teilweise um Zurückhaltung. Dies führte dazu, dass tarifliche "Sonder-" Regelungen für die Technik vereinbart werden mussten, um ein Stück das Unternehmensergebnis zu berücksichtigen. Aber nicht proportional und in dem Maße, wie die Kolleginnen und Kollegen es eigentlich verdient hätten. Über Jahre hinweg standen somit die Tarifergebnisse der Technik im Einfluss einer "Bremse" durch andere Konzerngesellschaften. Durch die damit verbundenen "moderaten" Abschlusse aus Sicht der Technik, wurde die Technik zunehmend aus Sicht der Geschäftsführung "konkurenzfähiger". Es stellten sich von Jahr zu Jahr Rekordergebnisse ein, die aufgrund der "gebremsten" Tarifverträge jedoch nicht im gleichen Maße bei den Kolleginnen und Kollegen ankam.
branchenspezifische Tarifverträge stehen im Einklang mit den Interessen der Kolleginnen ind Kollegen
Das Ergbnis ist nun, dass innerhalb der Branche der technischen Luftfahrt aus der Sicht des Arbeitsmarktes andere Unternehmen für Menschen attraktiver geworden sind. So haben sich beispielsweise die Anfangsgehälter beim zweitgrößten Arbeitgeber der Hansestadt Hamburg im Süden der Stadt deutlich in positive Richtung entfernt. Auch die Arbeitsbedingungen sind dort sehr deutlich "anders". Während die bei uns im Teilbereich der Triebwerksüberholung gemeinsam mit der jetzigen Gewerkschaft die 39,5 Std /Woche ohne Lohnausgleich eingeführt wurde, arbeiten die Kolleginnen und Kollegen auf der anderen Seite der Elbe 35 Std in der Woche und haben dabei noch mehr im Portemonnaie.
Das Konzept der branchenübergreifenden Interessenvertretung wird ebenso von der IGL vertreten, die sowohl Heimat für das Kabinen und Bodenpersonal ist und nun auch über die TGL das Technikpersonal aquiriert. Bisher hat jedoch die TGL/IGL als Spartengewerkschaft es nicht geschafft sich unter Beweis zu stellen. Daher hat diese Organisation auch noch nicht den Status einer Gewerkschaft erlangt. Sie fordert in regelmäßigen Abständen den Arbeitgeber zu Tarifverhandlungen auf, kann diese jedoch nicht durchsetzen. Es fehlt Ihr die Mächtigkeit.
Anders sieht es bei der IG Metall aus. Insgesammt sind 84 luftfahrttechnische Betriebe in der IG Metall organisiert. Bis auf eines (!) sind dies ALLE luftfahrttechnische Betriebe in Deutschland. Die IG Metall ist sowohl rein Branchenorientiert, als auch flächenorientiert. So strebt die IG Metall in erster Linie den Abschluss von Flächentarifverträgen an. Es werden aber auch hauseigene Tarifverträge abgeschlossen, wie zum Beispiel bei VW in Wolfsburg, die sich im Ergebnis nochmal positiver darstellen, als der allgemeine Flächentarifvertrag.
Was wäre wenn....
Wären wir mehrheitlich in der IG Metall organisiert, wäre die IG Metall die in dem Betrieb mitgliedsstärkste Gewerkschaft und würde gemäß dem Tarifeinheitsgesetz für Tarifverträge zuständig sein. Aufgrund der derzeitigen Gehaltsstruktur würde nur ein Abschluss eines Haustarifvertragen in Frage kommen, um sukzessiv über kommende Tarifrunden den über Jahre erzeugten moderaten Tarif an den allgemeinen Flächentarif der Metallindustrie anzuheben.
Im Falle eines Warnstreiks, oder eines 24-Stunden-Streiks der IG Metall wäre unser Unternehmen zusammen mit über 70 anderen Betrieben betroffen. Ein derartiger Streik würde, genau wie anfang des Jahres sehr schnell Wirkung entfalten, da es immer Betriebe gibt, die derartige Streiks nicht verkraften. Dann wäre das schwächste Glied nicht mehr auf der Arbeitnehmerseite der CARGO oder LSG zu finden sondern auf der Arbeitgeberseite eines Autozulieferes. Der Streik wäre dann sehr schnell zugunsten der Kolleginnen und Kollegen beendet - genau so wie Anfang 2018 - wir konnten es alle in den Medien verfolgen.
Um die gewerkschaftliche Interessenvertretung zu optimieren, müssen derartige Szenarien diskutiert werden. Ein Reformbedarf ist dringend erforderlich. Die derzeitige Gewerkschaft wird durch Austritte zunehmend schwächer. Dies wird bereits offen in internen den Gremien der Gewerkschaft diskutiert. Der Mitgliederschwund ist nichtg zu stoppen. Die IGL ist in Ihrer branchenübergreigfenden Ausrichtung ungeeignet und es fehlt ihr an Mächtigkeit. Aufgrund Ihrer Struktur, Stärke und Kompetenz in Sachen globalisierter, Internationaler Wettbewerb, Industrie 4.0 und Ihrer Mächtigkeit und Durchsetzungskraft ist die IG Metall derzeit völlig alternativlos, was die Durchsetzungskraft angeht.
Aus diesem Grund haben wir die Initiative "Ich gehe mit" in Leben gerufen, um die gewerkschaftliche Interessenvertretung wieder herzustellen.
Ein Wechsel findet jedoch nur statt, sofern die Kolleginnen und Kollegen es wollen. Wer als Gewerkschaft die meisten Mitglieder hinter sich hat, führt die Tarifgespräche. Das ist im Tarifeinheitsgesetz festgelegt. Insofern wird es nur zum Wechsel kommen, wenn die IG Metall ausreichend Mitglieder hat.
Aus diesem Grund werben wir für eine Mitgliedschaft in der IG Metall. Aus diesem Grund haben wir die initiative "Ich gehe mit" ins Leben gerufen.
Zeit zum wenden...jetzt mitmachen....oder nie wieder beschweren und für immer schweigen.
Eine Initiative des